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    23.11.2001

    83.18.7-2001-2

    Brandschutztechnische Maßnahmen zur Errichtung und zum Betrieb von stationären Gurtförderanlagen mit Fördergurten in V-Qualität für Grubenbaue mit Wettergeschwindigkeiten > 3 m/s.

    A 2.7

     

     An die Bergämter des Landes Nordrhein-Westfalen (ausgenommen Düren)

     

    Betreff : Brandschutztechnische Maßnahmen zur Errichtung und zum Betrieb von stationären Gurtförderanlagen mit Fördergurten in V-Qualität für Grubenbaue mit Wettergeschwindigkeiten von > 3 m/s.

    Bezug : Ergebnisse des Untersuchungsvorhabens der DMT-Fachstelle für Brand- und Explosionsschutz unter Tage - VG Tremonia - 65.11-752-2 -,

    In dem Untersuchungsvorhaben " Brandverhalten von Fördergurten der V-Qualität und Verbesserung des Brandverhaltens an summierten Brandlasten" - 65.11-752-2 - ist untersucht worden, unter
    welchen Bedingungen ein verlöschender Fördergurt, wie am 2. Juni 1996 auf dem Bergwerk Hugo/Consolidation geschehen, abbrennen kann.

    Bei allen durchgeführten Brandversuchen ist grundsätzlich die Tendenz zu beobachten gewesen, dass mit steigender Brandlast die Fähigkeit einer Flammenweiterleitung am Fördergurt angestiegen ist.

    Für die verlöschenden Eigenschaften eines Fördergurtes ist die Größe des Initialbrandes von Bedeutung. Wenn der Initialbrand so groß ist, dass er sowohl den Obergurt als auch den Untergurt kräftig entzündet, verliert ein Fördergurt in V-Qualität die verlöschenden Eigenschaften. Bei gleichzeitiger Zündung von Ober- und Untergurt führt die gegenseitige Beflammung der beiden brennenden Gurtstücke zur Eskalation des Brandes und zum völligen Abbrand des Fördergurtes. Bei lokal begrenzten, kleineren Initialbränden, wie sie heutzutage in deutschen Steinkohlenbergwerken vorkommen können, wird nur ein begrenztes Gurtstück entzündet und der Brand verlöscht von selbst.

    Weiterhin ist auch der Einfluss der Wettergeschwindigkeit auf den Brandverlauf untersucht worden. Das Brandverhalten wird bei höheren Wettergeschwindigkeiten sprunghaft ungünstiger. Bei einer
    Wettergeschwindigkeit von > 3 m/s wird der Brand an einem verlöschenden Fördergurt angefacht, weil glimmende Fördergurtteile in einen Flammenbrand übergehen. Ein Fördergurt in V-Qualität
    kann unter diesen Bedingungen völlig abbrennen.

    Die DMT-Fachstelle für Brand- und Explosionsschutz unter Tage - VG Tremonia und die Hauptstelle für das Grubenrettungswesen (HGRW) kommen nach dem Ergebnis des Großbrandes in der
    Gurtförderstrecke mit einem verlöschenden Fördergurt auf dem Bergwerk Hugo/Consolidation in 1996 sowie dem Brandereignis auf dem Bergwerk Schlägel und Eisen mit dem Abbrennen eines
    Fördergurtes auf der gesamten Länge und 7 tödlich verletzten Bergleuten in 1977 für brandtechnische Prüfungen von Gurtförderern zu nachstehend aufgeführten Erkenntnissen:

    • Zur Prüfung der V-Qualität ist ein Gurt 1-trümmig bei einer Wettergeschwindigkeit von 1,2 m/s einem Einleitungsfeuer von 300 kg Holz auszusetzen und darf abwetterseitig der Brandzone längstens 10 m selbstständig weiterbrennen (DIN 21 100, Teil 1).
    • Bereits ein 2-trümmiges Auflegen eines Gurtes unter o.g. Prüfbedingungen führt zum Verlust der V-Qualität (MICHAELIS/FOIT 1994). Eine Erhöhung des Trumabstandes auf 0,8 m bringt
      keine Verbesserung (FOIT/HOLKE 1999).
    • Wird bei gleichbleibendem Einleitungsfeuer von 300 kg Holz die Wettergeschwindigkeit auf 3,5 m/s erhöht, so verliert der Gurt auch 1-trümmig die V-Qualität (FOIT/HOLKE 1998).
    • Ist das Einleitungsfeuer andererseits nicht wesentlich größer als das Äquivalent von ca. 20 kg Holz ("unkritisches Einleitungsfeuer"), so behält der Gurt auch 2-trümmig und/oder bei mehr
      als 3,5 m/s die V-Qualität (FOIT/HOLKE 1999).

    Nach dem Ergebnis der Fachstellen ist aus bergbehördlicher Sicht wie folgt festzustellen:

    Aus klimatischen Gründen oder wegen des Freisetzens großer Grubengasmengen sind hohe Wettervolumenströme notwendig, die jedoch beim vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz in Gurtförderstrecken auch kritisch zu werten sind. In Wettervolumenströmen > 50 m3/s wird eine Brandfrüherkennung zwangsläufig eingeschränkt. Bei Wettergeschwindigkeiten > 3 m/s und einem
    Initialbrand, der auf den Ober- und Untergurt einwirken kann, sind die verlöschenden Eigenschaften eines Fördergurtes nicht mehr gewährleistet. Daher hat in solchen Gurtförderstrecken eine Minimierung von Brandlasten eine besondere Bedeutung.

    Zur Vermeidung von Zündgefahren wird gebeten, nachstehende Maßnahmen bei der Errichtung und den Betrieb von stationären Gurtförderanlagen mit Fördergurten in V-Qualität für Grubenbaue mit
    Wettergeschwindigkeiten von >3 m/s im Betriebsplanverfahren zur Geltung zu bringen:

    • Zwischen Gurtförderanlage und dieselbetriebenen Pendelförderern sind die erforderliche Profilfreiheiten und Abstände nach dem Stand der Technik einzuhalten (Mindestmaß von 0,5 m). Bei Pendelförderern mit mechanischen oder elektrischen Antrieben beträgt der Mindestabstand 0,3 m.
    • Für die Kohlenförderung sollen Fördergurte mit unlösbaren Verbindungen verwendet werden. Die Deckplatten des Fördergurts dürfen keine größeren Schäden aufweisen.
    • Der Abstand von elektrischen Kabeln und Leitungen zu beweglichen Teilen aller Arten von Fördermitteln und zu dem bewegten Fördergut muss wenigstens 0,5 m betragen. Dies gilt nicht
      für Leitungen mit eigensicheren Stromkreisen. Sofern dieser Abstand aus besonderen Gründen im Einzelfall nicht eingehalten werden kann, müssen Kabel und Leitungen gegen Beschädigungen besonders geschützt sein. Es ist anzustreben, Kabel und Leitungen zu verwenden, die einen Brand nicht selbstständig weiterleiten.
    • Gurtförderer müssen so angeordnet sein, dass sie für Wartungs- und Reinigungsarbeiten leicht zugänglich sind.
    • Die Funktionstüchtigkeit der Überwachungseinrichtungen an Gurtförderern ist grundsätzlich sicherzustellen. Dabei kann im Einzelfall zur Schieflauferkennung auch eine zusätzliche Temperaturüberwachung in Betracht kommen.
    • Die Funktionsfähigkeit der Überwachungs- und Sicherheitseinrichtungen für die Brandverhütung, -bekämpfung sowie -früherkennung ist mindestens durch monatliche Prüfungen sicherzustellen.
    • Bei einer Brandentwicklung darf die zeitliche Verzögerung der CO-Anzeige durch den Weg des Wettervolumenstromes von der Brandstelle bis zur Messstelle der ortsfesten CO-Überwachung
      15 min nicht überschreiten.
    • Die Ergebnisse der CO-Überwachung sind durch programmgesteuerte Rechner auszuwerten. Zur Brandfrüherkennung sind abwetterseitig von Antrieben, Kehren bzw. Übergaben stationäre
    • CO-Messeinrichtungen zur objektnahen Raumüberwachung (durchmischter Wettervolumenstrom) einzubauen.
    • Durch Zweiweg-Sprechkommunikationseinrichtungen (z.B. Lautsprecher-Wechselsprechanlagen) ist sicherzustellen, dass alle durch einen Brand gefährdeten Personen sofort gewarnt und
      zurückgezogen werden können.
    • Bei einem Ausfall der brandtechnischen Überwachung durch CO-Messeinrichtungen muss ein Warnsignal an einer ständig besetzten Stelle ausgelöst und sofort eine sicherheitlich gleichwertige Überwachung, z.B. durch Ersatzgeräte oder durch Handmessungen in ausreichendem Umfang eingeleitet werden.
    • Die Feuerlöschanlagen an Antrieben sind mit Löschrohren in der Firste zu erweitern. Der Anregerschlauch an allen Feuerlöschanlagen ist zur Erfassung eines Kohlenkleinglimmbrandes
      bis auf die Sohle zu verlegen.
    • Brennbare Materialien , wie z.B. Holz, Kunststoffe, leere Wassertröge, brennbare Flüssigkeiten, jegliche Art an Betriebsstoffen u.a.m., dürfen unter Gurtförderern nicht bereitgehalten werden.

    Über die Festlegung weiterer Schutzmaßnahmen hat das Bergamt unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden.

    Dortmund, den 23. November 2001

    Bezirksregierung Arnsberg
    Abteilung Bergbau und Energie
    In Nordrhein-Westfalen

    Im Auftrag

    E k h a r t  M a a t z