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    31.03.2000

    12.63.3-11-9

      Streblängen -Richtlinien

    A 2.4

     

    An die Bergämter des Landes Nordrhein-Westfalen 

    Betr.: Richtlinien über Anforderungen an Abbaubetriebe mit Streblängen >250 m
            — Streblängen-Richtlinien —

     

    Die folgenden Streblängen-Richtlinien sollen eine einheitliche Behandlung von Betriebsplänen gewährleisten, mit denen Streblängen >250 m beantragt werden.

    Bezüglich etwaiger Abweichungen von den Richtlinien wird auf die Rundverfügung vom 18. 7. 1994 — 09.1—1—1 — (Sammelblatt A 2.1) verwiesen. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, daß im Einzelfall zur Vermeidung des Mitschneidens von Nebengestein einer Unterschreitung der freien Fahrweghöhe in Streben der Gruppe B um max. 10 cm nur zugestimmt werden kann, wenn die Grubenbaue so geplant werden, daß eine Flucht durch den Streb vermieden werden kann. Des weiteren sind Betriebspläne, die ein Überschreiten der zulässigen Streblänge von 400 m zum Inhalt haben, vor Entscheid dem Landesoberbergamt NRW vorzulegen. In diesen Fällen werden über die Anforderungen der Richtlinien hinaus eine freie Fahrweghöhe  >= 1,8 m sowie besondere Maßnahmen zur Verbesserung des Explosionsschutzes vorausgesetzt.

    Ein kurzfristiges, geringfügiges Überschreiten der zulässigen Streblängen während des Betriebes, z.B. durch Schwenken des Betriebes in der Anlauf- oder Endphase des Abbaus, kann hingegen unberücksichtigt bleiben.

    Die Angaben der Fluchtwegrichtlinien über Fluchtgeschwindigkeiten gelten für Streben mit einer Länge bis 350 m. Insofern kann bei der Ermittlung der Fluchtweggeschwindigkeit für Streben >350 m und einer freien Fahrweghöhe <1,8 m (siehe Abschnitt 2 bei Streben der Gruppe A) erst nach Vorliegen von Erfahrungswerten auf diese zurückgegriffen werden.

    Erfahrungsgemäß ist das ordnungsgemäße Tränken der Kohle insbesondere bei großen Streblängen von dem rechtzeitigen und sorgfältigen Herstellen der Tränkbohrlöcher abhängig. Insofern wird darum gebeten, die Tränkarbeit in Abbaubetrieben mit Streblängen >250 m besonders zu überwachen.

    Für Streben, in denen mit Bereichen erkannter Gebirgsschlaggefahr oder mit Gasausbruchsverdacht zu rechnen ist und in denen von daher regelmäßige Entspannungsbohrungen im Streb zu erwarten sind, dürfen Streblängen >250 m betriebsplanmäßig nur zugelassen werden, wenn die Durchführbarkeit von Entspannungsmaßnahmen nachgewiesen wird.

    Betriebsplanzulassungen für Streben mit einer Länge >250 m und einem Einfallen >20 gon — ausgenommen in Teilbereichen aufgrund geologischer Unregelmäßigkeiten — sind vor Erteilung dem Landesoberbergamt NRW zur Kenntnis zu bringen.

    Über Besonderheiten sicherheitlicher Art, die im Zusammenhang mit der betriebsplanmäßigen Zulassung von Streblängen >250 m stehen, ist das Landesoberbergamt NRW umgehend zu unterrichten.

    Für eine verstärkte bergamtliche Befahrung solcher Strebbetriebe ist Sorge zu tragen.

    Mit In-Kraft-Treten der Neufassung der Bergverordnung des Landesoberbergamts Nordrhein-Westfalen für die Steinkohlenbergwerke (BVOSt) vom 10. 1. 2000 entfiel das Erfordernis einer Ausnahmebewilligung für Streblängen >250 m. Damit sind die Anforderungen der Streblängen-Richtlinien künftig ausschließlich im Betriebsplanverfahren festzulegen. Die Streblängen-Richtlinien und zugehörige Begleitverfügung wurden entspr. modifiziert.

    Dortmund, den 31. März 2000

    Landesoberbergamt NRW

    v. B a r d e l e b e n

     

    Richtlinien
    über Anforderungen an Abbaubetriebe
    mit Streblängen >250 m

    — Streblängen-Richtlinien —


    Nach § 30 Abs. 2 BVOSt ist die Streblänge so zu bemessen, dass die Sicherheit der Beschäftigten, insbesondere im Hinblick auf Flucht und Rettung, gewährleistet ist. Zur Währung dieses Schutzzieles war bis zum In-Kraft-Treten der Neufassung der BVOSt vom 10. 1. 2000 eine maximale Streblänge von 250 m vorgeschrieben. Nachdem es mit der fortgeschrittenen Maschinentechnik möglich ist, Gewinnungsmaschinen und Strebförderer auch in erheblich längeren Streben betriebssicher zu betreiben, wurden in der Vergangenheit zunehmend Ausnahmen von dieser Vorschrift bewilligt.

    Aus grubensicherheitlichen Gründen darf die höchstzulässige Streblänge jedoch nicht im wesentlichen durch den Stand der Gewinnungs- und Fördertechnik vorgegeben werden. In diesem Zusammenhang ist vielmehr zu prüfen, inwieweit sicherheitlich relevante Einzelheiten hinsichtlich Flucht, Rettung, Selbstrettung, Explosionsschutz, Wetterführung, Ausgasung, Klima, Staubbekämpfung sowie arbeitsmedizinische und ergonomische Gesichtspunkte der Überschreitung einer Streblänge von 250 m entgegenstehen. Die höchstzulässigen Streblängen sind hierbei insbesondere von der gebauten Mächtigkeit und damit von der verfügbaren freien Fahrweghöhe im Streb abhängig zu machen.

    Hinzuweisen ist im weiteren auf die Anforderungen der ABBergV an Fluchtwege (Anhang 1, Nr. 2), Sicherheitsübungen (Anhang 1, Nr. 4) sowie die Pflicht des Tragens von Filterselbstrettern am Mann (§ 15 Abs. 10, Satz 2).

    Mit zunehmenden Streblängen vergrößern sich auch die Anlauflängen von Explosionen. In den Abbaubegleitstrecken sind daher Explosionssperren mit aufgeteilter Bauart so nah wie möglich am Streb zu errichten. Darüber hinaus sollen bei Streblängen >350 m auf den Einzelfall abgestimmte, weitergehende Explosionsschutzmaßnahmen in Betracht gezogen werden.

    Aus den vorgenannten Gründen werden die Anforderungen, die bei Betriebsplananträgen für Streben mit einer Länge >250 m zugrunde zu legen sind, nach folgenden Gruppen unterteilt:

    A) Streben mit freien Fahrweghöhen >1,4 m
    B) Streben mit freien Fahrweghöhen >= 0,7 m bis 1,4 m

    Eine freie Fahrweghöhe von 0,7 m darf grundsätzlich nicht unterschritten werden. Ein geringfügiges Unterschreiten der freien Fahrweghöhen um höchstens 10% der genannten Werte in Teilbereichen von Streben - z.B. aufgrund geologischer Besonderheiten - kann unberücksichtigt bleiben. Die Fahrwegbreite muß mindestens 0,6 m betragen.

    Streben mit freien Fahrweghöhen >1,4 m (Gruppe A)

    Die Streblänge darf in Streben der Gruppe A 400 m grundsätzlich nicht überschreiten. Dabei sind die nachstehend genannten Voraussetzungen zu erfüllen.

    1. Bei der Festlegung der höchstzulässigen Streblänge ist sicherzustellen, daß die Anforderungen der Fluchtwegrichtlinien vom 18. 12. 1989 — 12.63.3—8—26 —, des Rettungskonzeptes für den Steinkohlenbergbau unter Tage vom 30. 8. 1993 — 12.63.3—11—4 —, sowie der Tränkrichtlinien vom 17. 5. 1993 — 12.21.11—23—8 — erfüllt werden.
    2. Bei freien Fahrweghöhen <1,8 m und Streblängen >350 m ist im Rahmen der Fluchtzeitermittlung die Fluchtgeschwindigkeit bis zum Vorliegen von Erfahrungswerten durch Befahrung zu ermitteln.
    3. Die Fluchtzeitermittlung für den Streb und die ausziehende Abbaustrecke ist u.a. unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer Klimavorausberechnung durchzuführen. Durch geeignete Maßnahmen ist sicherzustellen, daß eine Effektivtemperatur von 30°C nicht überschritten wird.
    4. Sofern für Abbaubetriebe mit Streblängen >300 m eine Gasabsaugung vorgesehen ist, ist zumindest für die erste Bauhöhe eines Baufeldes — ggf. unter Hinzuziehung einer benannten Fachstelle — nachzuweisen, daß die Zusatzausgasung sicher beherrscht werden kann.
    5. Die durchschnittliche Wettergeschwindigkeit im Streb soll 4 m/s nicht überschreiten.

    Streben mit freien Fahrweghöhen >= 0,7 m bis 1,4 m (Gruppe B)

    Die Streblänge darf in Streben der Gruppe B 350 m grundsätzlich nicht überschreiten. Dabei sind die vorstehend genannten Anforderungen (Abschnitte 1 und 3 bis 5) für Streben der Gruppe A zu erfüllen. Für Streben der Gruppe B mit freien Fahrweghöhen >= 0,7 m bis 1,2 m gelten darüber hinaus nachstehende Voraussetzungen:

    1. Die Mindestfahrwegbreite ist durch zwangsläufig wirkende technische Maßnahmen, z.B. Befahrungswannen, sicherzustellen.

    2. Über die Vorsorgemaßnahmen für einen schonenden, zügigen und gefahrlosen Verletztentransport gem. Abschnitt 2 des Rettungskonzepts ist ein Plan unter Hinzuziehung des Werksarztes und des Oberführers der Grubenwehr nach den Ergebnissen einer Sicherheitsübung nach Anhang 1 Nr. 4 ABBergV aufzustellen. Dieser Plan ist dem Betriebsplanantrag beizufügen; er muß mindestens folgende Gesichtspunkte berücksichtigen:

    2.1 Möglichkeiten einer ärztlichen Versorgung und Begleitung von Verletzten

    2.2 Transportmöglichkeiten von Verletzten
          Eine Verwendung maschineller Hilfseinrichtungen für den Transport von Verletzten und Begleitpersonen — auch im Streb — ist anzustreben.

    2.3 Maßnahmen der Ersten Hilfe
         Bei den Maßnahmen der Ersten Hilfe ist u.a. festzulegen, inwieweit die in § 8 Abs. 2 BVOSt geregelte Anzahl von Nothelfern zu erhöhen ist.

    2.4 Verkürzte zeitliche Abstände der regelmäßig durchzuführenden Sicherheitsübungen

    3. Zur Ermittlung der Zeit für die Befahrung durch die Grubenwehr im Ernstfall ist der Streb von der Grubenwehr mit angelegtem Atemschutzgerät möglichst unter ungünstigen Bedingungen (minimale Fahrweghöhe und -breite) zu befahren. Das Befahrungsergebnis ist zu dokumentieren und dem Bergamt auf Verlangen vorzulegen.

    4. Betriebsfremde und Beschäftigte, die nicht in der Lage sind, den Streb zu befahren, dürfen nicht an Arbeitsplätzen beschäftigt werden, von denen aus eine Flucht durch den Streb in Betracht kommt. Zur Sicherstellung der Fluchtmöglichkeit sollten die Grubenbaue so geplant werden, daß eine Flucht durch den Streb vermieden werden kann.