• R i c h t l i n i e n
    für das Aufbringen von kulturfähigem Bodenmaterial
    bei forstlicher Wiedernutzbarmachung
    für die im Tagebau betriebenen Braunkohlenbergwerke
    vom 12.11. 1973-55.12-1-1-
    in der Fassung vom 3. Dezember 1996

    1. Grundsätze

    Wiedernutzbarmachung ist die ordnungsgemäße Gestaltung der vom Bergbau in Anspruch
    genommenen Oberfläche unter Beachtung des öffentlichen Interesses (§ 4 Abs. 4 Bundesberggesetz).

    Die nicht mehr für bergbauliche Zwecke genutzten Betriebsflächen der Braunkohlentagebaue
    sind unverzüglich durch das Aufbringen geeigneter Bodensubstrate entsprechend den Erfordernissen
    einer ertragreichen land- und forstwirtschaftlichen Folgenutzung und eines leistungsfähigen
    Naturhaushaltes herzurichten. Durch die bergbauliche Planung und die eingesetzte Technik ist
    dabei sicherzustellen, daß bei der erforderlichen Umlagerung und Bearbeitung der kulturfähigen
    Schichten schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen, die vielfältigen Funktionen des
    Bodens möglichst nachhaltig in ihrer Leistungsfähigkeit erhalten und nachteilige Einwirkungen
    so weit wie möglich vermieden werden.

    Ziel der forstlichen Wiedernutzbarmachung ist die Herstellung zusammenhängender Waldstandorte,
    die über eine natürliche Leistungsfähigkeit verfügen, eine nachhaltige forstliche Aufwuchsfähigkeit
    bewahren und einen Entwicklungsraum für eine artenreiche Pflanzen- und Tierwelt bilden. Nach
    Möglichkeit ist dabei die Schaffung von Standortbedingungen anzustreben, die den ursprünglich
    vor dem Abbau vorhandenen nahekommen sowie auch seltenen Waldgesellschaften eine Grundlage
    bieten. Dies ist bei der Planung und Gestaltung des Reliefs und dem Aufbau der Schichten in
    angemessenem Flächenumfang zu berücksichtigen.

    2. Geltungsbereich

    Diese Richtlinien gelten für die bei der Verkippung der Braunkohlentagebaue neu entstehenden
    Flächen einschließlich der Außenkippen und sonstigen Betriebsflächen, soweit nach einem
    zugelassenen Abschlußbetriebsplan deren forstliche Wiedernutzbarmachung vorgesehen ist.

    3. Beschaffenheit und Eignung des aufzubringen kulturfähigen Bodenmaterials

    3.1 Als kulturfähiges Bodenmaterial für die forstliche Wiedernutzbarmachung ist der an der
    Oberfläche anstehende Löß oder Lößlehm zu verwenden. Dabei können auch die durch
    Grundwasser oder Staunässe beeinflußten Lößschichten sowie stark verlehmter älterer Löß
    (saaleeiszeitlicher Löß), die für die landwirtschaftliche Wiedernutzbarmachung nicht oder
    nur bedingt geeignet sind, eingesetzt werden.

    3.2 Geeignet für die forstliche Wiedernutzbarmachung ist ferner ein Gemisch aus den
    quartären sandig-kiesigen Abraumschichten der Haupt- und Mittelterrasse mit Löß und
    anderen bindigen Bodenarten (sog. Forstkies).

    3.3 Auf ebenen oder nahezu ebenen Fläche sollte vorrangig reiner Löß oder Lößlehm
    aufgebracht werden, soweit dieses Bodenmaterial in ausreichender Menge zur Verfügung
    steht und eine gesonderte Abtragung mit den eingesetzten Tagebaugeräten technisch möglich ist.

    3.4 Beim Aufbringen von Forstkies muß Löß und/oder Lößlehm - je nach Ausbildung des
    Deckgebirges - mit einem Anteil von mindestens 25 % an dem kulturfähigen Bodenmaterial
    beteiligt sein. Bei der Herstellung von Böschungen kann der Lößanteil im Forstkies auf 20 %
    begrent werden, soweit es aus Gründen der Standsicherheit erforderlich ist. Beim Aufbringen
    von kalkreichen Lößlehmen ist eine Verminderung des Lößanteiles in der Regel jedoch nicht
    erforderlich.

    3.5 Zur Erweiterung des waldökologischen Spektrums kann auf begrenzten Teilflächen von
    den v. g. grundsätzlichen Anforderungen abgewichen werden. Als oberste Schicht können
    z. B. zur Schaffung von Standortvoraussetzungen mit einem feuchten bzw. wechselfeuchten
    oder trockenen Bodenwasserhaushalt auch entkalkter Lößlehm, Ton oder Substrate mit
    geringeren Lößanteilen aufgebracht werden.

    3.6 Bei der Auswahl des für die Wiedernutzbarmachung geeigneten Bodenmaterials und der
    Bestimmung der Mischungsverhältnisse sind erforderlichenfalls das Geologische Landesamt
    NRW und die zuständige Forstbehörde zu beteiligen.

    4. Beschaffenheit und Behandlung der Rohkippen vor dem Aufbringen des kulturfähigen
       Bodenmaterials

    4.1 Die oberste, etwa 1-2 m mächtige Schicht der Rohkippen soll zur Vermeidung von
    Wasserstauungen aus genügend wasserdurchlässigem, vorwiegend sandig-kiesigem Material
    bestehen. Das Verkippen von Ton und Kohle in diese Schicht ist zu vermeiden. Die Oberfläche
    ist so zu gestalten, daß ein abwechslungsreiches Relief entsteht und sich schädliche Wasser-
    stauungen nicht bilden. Hierfür ist es u.a. in der Regel erforderlich, daß die Generalneigung
    der Rohkippe derjenigen der rekultivierten Oberfläche entspricht.

    Kleinflächig können Abweichungen von den v.g. grundsätzlichen Anforderungen jedoch zur
    standörtlichen Vielfalt beitragen.

    4.2 Das kulturfähige Bodensubstrat sollte möglichst unmittelbar nach der Herstellung der
    Rohkippe aufgebracht werden.

    5. Aufbringung des kulturfähigen Bodenmaterials

    5.1 Das kulturfähige Bodenmaterial ist auf der Rohkippe mittels geeigneter Verkippungstechnik
    gleichmäßig und schonend so aufzubringen, daß Dichtlagerungen im Bodenprofil vermieden
    werden, ein bewegtes Kleinrelief entsteht und eine weitere maschinelle Bearbeitung der
    Oberfläche durch Erdbaugeräte möglichst nicht erforderlich wird.

    5.2 Die Mächtigkeit des kulturfähigen Substrates sollte bei der Aufbringung von

    • reinem Löß oder Lößlehm etwa 2 m,
    • Forstkies etwa 4 m

      betragen.

    Bei der Aufbringung von reinem Löß oder Lößlehm mit einer ca. 3 m mächtigen Basisschicht
    quartärer Kiese oder Sande ist eine Schichtmächtigkeit des kulturfähigen Substrates von 1 m
    ausreichend.

    5.3 Das Grobporenvolumen des aufgebrachten Bodenmaterials sollte in der Regel mittel bis hoch,
    die Feldkapazität mittel bis sehr hoch sein. Flächige Kies- und Toneinlagerungen sind möglichst
    zu vermeiden.

    Kleinflächig können Abweichungen von den v. g. grundsätzlichen Anforderungen jedoch zur
    standörtlichen Vielfalt beitragen.

    5.4 Soweit noch eine nachfolgende maschinelle Bearbeitung der Oberfläche erforderlich ist,
    sind zur Vermeidung schädlicher Bodenverdichtungen nur geeignete Erdbaugeräte mit einem
    möglichst geringen Bodendruck einzusetzen.

    5.5 Bei Transport und Aufbringen des kulturfähigen Bodenmaterials sowie bei der maschinellen
    Bearbeitung sind zur Schonung des Bodens grundsätzlich Witterungsverhältnisse, Bodenart und
    Bodenfeuchtigkeit in geeigneter Weise zu berücksichtigen.

    5.6 Im Bereich von Böschungen sollte das Bodenmaterial zur Vermeidung von Erosionen
    möglichst so verkippt werden, daß die entstehenden Rippen parallel zum Böschungsverlauf
    orientiert sind.

    6. Behandlung des kulturfähigen Bodenmaterials nach dem Aufbringen

    6.1 Auf dem frisch verkippten kulturfähigen Bodenmaterial sind im Bereich von Böschungen,
    Bermen und Hochflächen zur Rückhaltung abgeschwemmter Bodenbestandteile geeignete
    Muldensysteme anzulegen, die sich zu feuchten oder wechselfeuchten Standorten entwickeln
    können.

    6.2 Zur Vermeidung von Erosionen und Verdichtungen der Oberfläche sind die Flächen nach
    Aufbringung des kulturfähigen Bodenmaterials möglichst unverzüglich zu bepflanzen oder
    einzusäen.

    6.3 Zur Beschleunigung der Bodenbildung und der Ausbreitung der Bodenlebewesen sollte
    auf dem verkippten Rohboden humoser Oberboden und holziges Wurzelmaterials aus den
    anstehenden Altwaldbereichen möglichst netzartig aufgebracht werden, soweit dies technisch
    ohne eine schädliche Verdichtung des Bodens möglich ist und im Tagebauvorfeld geeignetes
    Material zur Verfügung steht. Die Bildung von Humus und biogenen Poren ist ferner durch
    Anpflanzung von Baum- und Krautarten mit leicht umsetzbarer Biomasse zu fördern.

    6.4 Bei der Auswahl standortgerechter Baumarten sind insbesondere auch die geschaffenen
    Standortbedingungen zu berücksichtigen. Eine beschleunigte Entwicklung der Strukturvielfalt
    kann durch Mitanbau schnellwachsender Baumarten in Gruppen erzielt werden.

    7. Dokumentation

    Vom Unternehmer sind dem zuständigen Bergamt bis zum 31. 5. eines jeden Jahres folgende
    Unterlagen für das Vorjahr vorzulegen:

    1. Wiedernutzbarmachungsriß gemäß Veordnung über markscheiderische Arbeiten und
      Beobachtungen der Oberfläche (MarkschBergV) vom 19. 12.1986
       
    2. Wiedernutzbarmachungsstatistik gemäß Bergverordnung über vermessungstechnische
      und sicherseitliche Unterlagen (UnterlagenBergV) vom 11. 11. 1982
       
    3. Ergänzende Unterlagen auf gesondertes Verlangen der Bergbehörde, z. B.
      - Luftbildaufnahmen,
      - Höhenlinienplan,
      - Profile/Schnitte,
      - Sonderdarstellungen

      (z.B. Angaben über Art und Mächtigkeit des aufgebrachten kulturfähigen Bodenmaterials
      und über Maßnahmen zur Herstellung von Flächen mit besonderen ökologischen
      Anforderungen [Feuchtbiotope, Sukzessionsflächen, besondere Waldstandorte etc.] und
      deren Entwicklung).