• 17.06.2002

    11.21-1999-1

    Befahrung von Bergbaubetrieben durch werksfremde Besucher

    A 2.2


    An die Bergämter des Landes Nordrhein-Westfalen

    Betr.: Befahrung von Bergbaubetrieben durch werksfremde Besucher

    Gemäß § 2 Abs. 2 der Bergverordnung für die Steinkohlenbergwerke (BVOSt) und § 2 Abs. 3 der Bergverordnung für die Erzbergwerke, Salzbergwerke und für die Steine- und Erden-Betriebe (BVOESSE) dürfen werksfremde Personen nur mit Erlaubnis des Unternehmers Betriebsanlagen betreten; soweit sie betriebsunkundig sind, ist ihnen eine Begleitung zu stellen.

    Werksfremde Besucher sind insbesondere Personen, die nicht im Unternehmen beschäftigt sind, aber

    a) als Mitglieder von Prüfungsausschüssen oder als Prüflinge oder als Teilnehmer an Veranstaltungen der zusätzlichen Berufsschulung oder an Veranstaltungen, die ähnlichen Zwecken dienen,
    b) als Teilnehmer an Besichtigungen des Unternehmens,
    c) als Teilnehmer im Rahmen der Entwicklungshilfe,
    d) als Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte oder Sachverständige,
    e) als betriebsunkundige Mitglieder z. B. des Aufsichtsrats, Beirats oder Verwaltungsrats die Stätte des Unternehmens im Auftrag oder mit Zustimmung des Unternehmers aufsuchen oder auf  ihr verkehren.

    Mehrere Unfälle von Werksfremden mit zum Teil schwerem und tödlichem Ausgang geben der Bezirksregierung Arnsberg Veranlassung darauf hinzuweisen, dass der Unternehmer bei der Erteilung der Erlaubnis für das Betreten der Betriebsanlagen durch Werksfremde unter anderem folgende Gesichtspunkte berücksichtigen sollte, die auch bei entsprechenden Gerichtsverfahren von Bedeutung waren.

    Insbesondere für die Befahrung von untertägigen Steinkohlebetrieben durch werksfremde Besucher wurden nachfolgend aufgeführte Hinweise erstellt, die vom Unternehmer in seinen Betrieben zu berücksichtigen sind; für die Organisation der Befahrungen anderer Betriebe durch Besucher können diese Hinweise - soweit zutreffend - zum Anhalt genommen werden.

    Die Bergämter werden gebeten, auf den Unternehmer hinzuwirken, dass die Einhaltung der nachfolgend aufgeführten Hinweise z.B. im Betriebsplanverfahren oder im Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument verbindlich gemacht wird.

    Unternehmer:
    Nach § 58 ff. Bundesberggesetz ist der Unternehmer für die ordnungsgemäße Leitung des Betriebes verantwortlich; ihm obliegt die Sicherheit und Ordnung im Betrieb. Er ist damit verpflichtet, u. a. dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Maßnahmen und Vorkehrungen getroffen werden, um Dritte, d. h. auch Besucher, vor Gefahren für Leben und Gesundheit zu schützen.

    Es dürfen ausschließlich Besucher an einer Befahrung teilnehmen, für die eine Erlaubnis des Unternehmers vorliegt. Der Unternehmer hat für Personen, die mit der Betreuung und Begleitung von Besuchern beauftragt sind, eine Betriebsanweisung zu erstellen.

    Begleitpersonen:
    Werksfremde Besucher müssen vom Betreten bis zum Verlassen des Werksgeländes von Personen begleitet werden, denen die örtlichen und betrieblichen Verhältnisse bekannt sind. Mindestens eine verantwortliche Person hat den ordnungsgemäßen Ablauf der Besucherfahrt zu beaufsichtigen.

    Die Größe der Besuchergruppe ist so zu bemessen, dass eine wirksame Beaufsichtigung der Besucher möglich ist. Das Verhältnis von Besuchern zu Begleitpersonen sollte 4 : 1 und die Gruppengröße zwölf Besucher nicht übersteigen. Es müssen jedoch bei einer Gruppengröße über vier Personen mindestens zwei Begleiter je Gruppe vorhanden sein.

    Anfang und Ende einer Besuchergruppe bilden je ein Begleiter. Weitere Begleiter sind ggf. regelmäßig auf die Gruppe zu verteilen. Die Begleiter haben darauf zu achten, dass die Abstände zwischen den Besuchern gering bleiben (Sicht- oder Rufkontakt) und dass sich kein Besucher aus der Gruppe entfernt. Sollten die Begleiter den Eindruck gewinnen, dass die physische oder psychische Verfassung eines Besuchers die sichere Fortsetzung der Grubenfahrt nicht mehr gewährleistet, ist die gesamte Grubenfahrt abzubrechen bzw. sind die Besucher in den nächsten Frischwetterstrom zu führen. Die Vollständigkeit der Besuchergruppe ist von den Begleitpersonen regelmäßig zu überprüfen. Wird ein Besucher vermisst, sind die Arbeiten im zugehörigen Betriebsbereich sofort einzustellen und die Suche ist einzuleiten.

    Die Begleitpersonen müssen vom Unternehmer mit der Betreuung der Besucher beauftragt sein und eine Betriebsanweisung erhalten haben.

    Besuchergruppe - Personennachweis:
    Der Personennachweis für im Betrieb befindliche Personen ist in Anlehnung an § 12 Abs. 5 Allgemeine Bundesbergverordnung (ABBergV) zu führen. Die Anzahl der Besucher, der Zielort und das Erreichen und das Verlassen des Zielortes sind der zuständigen örtlichen verantwortlichen Person zu melden. Nach der Grubenfahrt haben die Besucher oder die Begleitpersonen das Ausfahren persönlich zu quittieren.

    Persönliche Schutzausrüstung:
    Der Unternehmer hat jedem Besucher eine persönliche Schutzausrüstung entsprechend § 18 ABBergV zur Verfügung zu stellen; die Besucher haben die ihnen zur Verfügung gestellten persönlichen Schutzausrüstungen bestimmungsgemäß zu benutzen. Vor Beginn der Befahrung ist eine Unterweisung im Umgang mit den persönlichen Schutzausrüstungen durchzuführen. Die Vollständigkeit der persönlichen Schutzausrüstungen ist zu kontrollieren.

    Gesundheitsschutz:
    Die Besucher sind aufzufordern, ihnen bekannte chronische Erkrankungen und momentane gesundheitliche Störungen, welche die physische und psychische Belastbarkeit vermindern, vor der Befahrung anzugeben. Die Besucher sind aufzufordern, im Zweifelsfall von der Befahrung abzusehen. Hat die für die Betreuung verantwortliche Person Bedenken an der Befahrungstauglichkeit eines Besuchers, so ist dieser von der Befahrung auszuschließen. Die Wahl der für die Befahrung vorgesehenen Betriebsanlagen, insbesondere hinsichtlich der zurückzulegenden Entfernung, der Lagerungsverhältnisse und der räumlichen Enge sowie der klimatischen Bedingungen, ist an die körperliche Verfassung und den Gesundheitszustand der Besucher anzupassen. Bei der Fahrung zu Fuß hat sich die Geschwindigkeit nach dem langsamsten Teilnehmer zu richten. Von einer Befahrung heißer Betriebe sowie von Gewinnungsbetrieben in ungünstigen Lagerungsverhältnissen und von Strecken mit erheblichem Förderbetrieb sollte nach Möglichkeit abgesehen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Besucher nicht an untertägige Verhältnisse gewöhnt sind. Den Besuchern ist mitzuteilen, daß bei auftretendem Unwohlsein ein Abbruch der Grubenfahrt jederzeit möglich ist.

    Sicherheitsbestimmungen:
    Die Besucher sind über das sicherheitlich richtige Verhalten - insbesondere in Notfällen - zu unterweisen. Hierbei sind auch die einschlägigen Arbeitsschutzregelungen (z. B. Rauch- und Alkoholverbot, Verbot des Mitführens batteriebetriebener Geräte, Folgeleistung der Anweisung der Begleitpersonen) zu erläutern.

    Die Bandfahrung mit Besuchern ist grundsätzlich verboten. Das sichere Überqueren von Fördermitteln und das sichere Passieren von Gefahrenpunkten ist zu gewährleisten. In
    Bereichen mit problematischen Fahrungsverhältnissen (Übergänge, Engpässe, Maschinenställe) hat eine Begleitperson die Besucher zu sichern. Die Besuchergruppe wartet bis alle Teilnehmer diesen Bereich passiert haben, nimmt die alte Einteilung wieder ein und setzt die Fahrung fort.

    Es ist ein schriftlicher Nachweis zu führen, dass die Besucher über das sicherheitlich richtige Verhalten unterwiesen worden sind.

    Planung:
    Bei der Planung einer Besucherfahrt sind die verantwortlichen Personen der zu befahrenden Arbeitsstätten rechtzeitig vorher über die Befahrung zu informieren und möglichst mit
    einzubeziehen; dabei sollte insbesondere vor Betreten und vor Verlassen des Betriebsbereichs die zuständige örtliche Aufsicht benachrichtigt werden.

    Merkblatt für Besucher:
    Der Unternehmer hat für Besucher ein Merkblatt zu erstellen, aus dem die Verhaltensmaßregeln für Besucher erkennbar sind. Den Besuchern ist das Merkblatt vor Antritt der Befahrung auszuhändigen und zu erläutern; der Erhalt des Merkblattes ist vom Besucher schriftlich zu bestätigen.

    Das Merkblatt hat insbesondere Regelungen über

    • Verhaltensmaßnahmen,
    • Verbote und Gebote
    • das Tragen von persönlichen Schutzausrüstungen
    • die gesundheitlichen Risiken

    während einer Befahrung zu enthalten.

    Dortmund, den 17.Juni 2002

    Bezirksregierung Arnsberg
    Abteilung Bergbau und Energie
    in Nordrhein-Westfalen

    Im Auftrag
    M i c h a e l   K i r c h n e r