• DSK-Regelungen

    Vermeiden der Gefahr des Freiwerdens großer Grubengasmengen durch das
    Über- oder Unterbauen von Grubenbauen durch Abbaubetriebe


    - Inhaltsverzeichnis -

    1. Einleitung

    2. Vorgehensweise zur Erkennung und Vermeidung von Gefahren aus Über- oder
        Unterbauungssituationen

    Flussdiagramm der Vorgehensweise

    3. Maßnahmen zur Gefahrenvermeidung aus Über- oder Unterbauungssituationen

    3.1 Planerische Maßnahmen
    3.1.1 Zuschnittsplanung
    3.1.2 Zeitliche Koordination

    3.2 Betriebliche Maßnahmen
    3.2.1 Verringerung der Gaszuströme beim Über- oder Unterbauen
    3.2.1.1 Verstärkung der Gasabsaugung im beeinflussenden Abbaubetrieb
    3.2.1.2 Einrichtung einer Gasabsaugung im beeinflussten Grubenbau
    3.2.1.2.1 Gasbohrmaßnahmen in Gesteinsbergen und Querschlägen
    3.2.1.2.2 Gasbohrmaßnahmen in Richt- und Flözstrecken
    3.2.1.2.3 Zusätzliche flözgängige Bohrungen in Richt- und Flözstrecken
    3.2.1.2.4 Gasabsaugung von Störungsklüften
    3.2.1.3 Änderung der Strebstellung zum beeinflussten Grubenbau
    3.2.1.4 Reduzierung der Abbaugeschwindigkeit
    3.2.2 Wettertechnische, messtechnisch überwachende und organisatorische Maßnahmen
    3.2.2.1 Erhöhung der Wettermenge im betroffenen Grubenbau
    3.2.2.2 Installation von zusätzlichen örtlichen Verwirbelungseinrichtungen
    3.2.2.3 Methanüberwachung durch zusätzliche Methanmessgeräte
    3.2.2.4 Festlegung von Warnwerten
    3.2.2.5 Vorbereitungsmaßnahmen zur Abdämmung mit Inertisierungsmöglichkeit
    3.2.3 Abdämmung und Gasabsaugung

    4. Fallbeispiele mit Maßnahmenbeschreibung

    4.1 Überbauen einer Richtstrecke mit einem Strebbetrieb

    4.2 Überbauen einer Flözstrecke mit einem Strebbetrieb

    4.3 Flözgängige Bohr- und Absaugmaßnahmen

    4.4 Unterbauen eines abgedämmten Grubenbaus

    4.5 Messtechnische Überwachung beeinflusster Bereiche bei Über- und Unterbauung


    5. Sonderfälle

    5.1 Auffahren einer flözgeführten Strecke im Beeinflussungsbereich eines laufenden
          Abbaubetriebes

    5.2 Annäherung eines Strebs an einen Flözstreckenvortrieb mit Gasausbruch



    1. Einleitung

    In Grubenbauen, die durch einen Abbaubetrieb über- oder unterbaut werden, kann es zur
    Freisetzung großer Grubengasmengen kommen. Im gasführenden Karbon wird dies durch
    folgend beschriebene gebirgsmechanische Vorgänge verursacht:

    Nähert sich ein Strebbetrieb einem im Liegenden oder Hangenden befindlichen Grubenbau,
    so gerät dieser und seine Umgebung zunächst unter Einfluss einer dem Abbau vorauseilenden
    Zusatzdruckzone. Dies bewirkt eine Verdichtung und somit eine starke Verringerung der
    Gasdurchlässigkeit der in der Nähe des betroffenen Grubenbaus angeordneten Flöze, so dass
    deren Gas dem Grubenbau noch nicht oder nur in sehr geringem Maße zuströmen kann
    ("Barrierewirkung"). Gleichzeitig ergeben sich in der Zusatzdruckzone in der Regel Plastifizierungen
    (Entstehung von Rissen und Spalten, ggf. auch wahrnehmbar in Form von Konvergenzen im
    Grubenbau), die die künftigen Gaswegigkeiten zu den umgebenden Flözen verursachen.

    Die dem Strebdurchgang folgende Entlastung bewirkt eine Auflockerung des Gebirges
    (Bruchbewegungen) und gleichzeitig die Freisetzung des gespeicherten Grubengases der
    beteiligten Flöze in der Umgebung des Grubenbaus. Mit dieser Entlastung ist ebenfalls eine
    mehrfache Erhöhung der Durchlässigkeit der Flöze verbunden, so dass nun auch das
    desorbierte Grubengas bei fortschreitendem Abbau aus größerer Entfernung dem offenen
    Grubenbau über die entstandenen Risse und Spalten im Gebirge zufließen kann. Ein sich
    daraus ergebender sehr starker Methanzustrom bleibt dann erfahrungsgemäß über einen
    Zeitraum mehrerer Tage auf sehr hohem Niveau. Erst im Laufe mehrerer Wochen klingt er
    allmählich wieder ab. Befindet sich im Profil des Grubenbaus (z. B. einer zukünftigen
    Abbaubegleitstrecke) selbst noch ein aufgeschlossenes Flöz, kann dessen Grubengas, ohne
    Widerstände über das Gebirge überwinden zu müssen, sehr leicht zutreten und einen
    wesentlichen Anteil der Zuströme darstellen.

    Aus bisher gemachten Erfahrungen erstreckt sich der ausgasungstechnische Einflussbereich
    eines Abbaubetriebes für den Fall des Überbauens von Grubenbauen bis ca. 100 m ins
    Liegende, im Hangenden reicht er weiter. Bedingt >durch die größeren Gaswegigkeiten im
    Hangendbruchraum ist ein Grubenbau durch eine Unterbauung einer intensiveren Einwirkung
    ausgesetzt. Hier ist eine Beeinflussung bis zu einer Entfernung von 160 m zu erwarten.

    Im Einzelfall ist jedoch zu prüfen, ob lagerstättenspezifische (ausgasungstechnische)
    Besonderheiten vorliegen, die eine über die oben genannten Abstände hinausgehende
    Beeinflussung ermöglichen können (z.B.: hohe Gasinhalte, gasführende Kluftsysteme).

    Die Höhe des Gaszustroms in einen beeinflussten Grubenbau ist von folgenden Faktoren
    abhängig:

    • den desorbierbaren Gasinhalten (Gasdrücke) der durch den Grubenbau aufgeschlossenen
      und in seiner Nähe vorhandenen Flöze
    • der Mächtigkeit der Flöze im Beeinflussungsbereich
    • dem bankrechten Abstand des Grubenbaus zum Streb
    • der Abbaugeschwindigkeit
    • dem Winkel zwischen Grubenbau und Strebfront (eine parallele Stellung bedeutet, dass
      der Grubenbau auf der gesamten Streblänge gleichzeitig unter Abbaueinfluss gerät; ein
      größer werdender Winkel zwischen Streb und Grubenbau bewirkt dagegen eine langsame,
      schrittweise Beeinflussung)
    • der Kohlenart der beeinflussten Flöze (je nach Kohlenart geben Flöze das in ihnen
      gespeicherte Gas unterschiedlich schnell ab. Erfahrungsgemäß zeichnet sich Sapropelkohle
      durch sehr hohe Permeabilität aus. Insbesondere nach einer gebirgsmechanischen Entlastung
      neigt sie zu einer außerordentlich schnellen Gasabgabe.)
    • dem Vorhandensein gasführender Störungsklüfte

    Drei nachfolgend beschriebene betriebliche Ereignisse (in den Jahren 2002 und 2003) bei der
    Überbauung von offenen Grubenbauen mit Strebbetrieben sollen verdeutlichen, welche großen
    Methanmengen freigesetzt werden können.

    Ereignis 1:

    Überbauen eines Gesteinsberges durch einen Abbaubetrieb in einem Abstand von 65 - 110 m

    • Zusätzlich freigesetzte Methan-Menge: ca. 1 400 000 m³
    • Desorbierbarer Gasinhalt der beteiligten Flöze ca. 12 m³/t
    • Vorhandenensein von Sapropelkohle mit hoher Permeabilität in Flöz Zollverein 5/6
    • Abdämmen des sonderbewetterten Grubenbaus nach vorheriger Inertisierung.
    • Ausfall des Streckenvortriebs für 8 Monate
    • Förderausfall

    Bild
    Abbildung 1

    Abbildung 1: Ereignis 1

    Ereignis 2:

    Überbauen eines TSM-Vortriebs durch einen Abbaubetrieb in einem Abstand von ca. 50 m

    • Zusätzlich freigesetzte Methan-Menge: ca. 615 000 m³
    • Desorbierbarer Gasinhalt der beteiligten Flöze ca. 4 bis 7 m³/t
    • Abdämmen des sonderbewetterten Grubenbaus nach vorheriger Inertisierung
    • Ausfall des Streckenvortriebs für 2 Monate
    • Förderausfall

    Bild
    Abbildung 2

    Abbildung 2:Ereignis 2

    Ereignis 3:

    Überbauen eines Querschlags mit einem Abbaubetrieb (Gaszustrom im Querschlag bei einem
    senkrechten Abstand des Strebs zwischen 100 m und 30 m).

    • Insgesamt freigesetzte Methan-Menge ca. 3 200 000 m³
    • Desorbierbarer Gasinhalt der beteiligten Flöze ca. 8 m³/t
    • Erstellen von Gasbohrlöchern aus dem Querschlag ins Hangende und Liegende
    • Abdichten (mit Hartschaum) des Streckenmantels im Bereich der durchörterten Flöze
    • Erhöhung der Methan-Konzentration im Einziehstrom des Baufeldes
    • Bild
      Abbildung 3

      Abbildung 3: Ereignis 3

      Diese Beispiele verdeutlichen, dass für das gefahrlose Über- oder Unterbauen von Grubenbauen
      durch Abbaubetriebe in der Regel (ggf. bereits im Planungsstadium) Vorkehrungen zur
      Beherrschung der Ausgasung berücksichtigt werden müssen.

      In den hier vorliegenden Regelungen sind allgemeine Vorgehensweisen und Maßnahmen mit
      Beispielen für die Beherrschung der Ausgasung beim Über- oder Unterbauen von Grubenbauen
      dargestellt und erläutert, die zur Anwendung gebracht werden können. Aufgrund der von Fall zu
      Fall unterschiedlichen geologischen und auch gebirgsmechanischen Gegebenheiten müssen die
      nachfolgend dargestellten Möglichkeiten zur Beherrschung der Ausgasung deshalb jeweils
      daraufhin abgestimmt werden.

      Beim Über- oder Unterbauen von abgedämmten Grubenbauen kann es durch Gaszuströme
      über die Abschlussdämme in die offenen Grubenbaue ebenfalls zu Gefährdungen kommen.
      In diesem Zusammenhang wird auf die Beachtung von durchzuführenden Maßnahmen an
      ausgasenden Dämmen in Anlehnung an die Betriebsempfehlungen "Bewetterung und Über-
      wachung von Abschlussdämmen" als auch den Abschnitt 2.5 der Rundverfügung "Maßnahmen
      gegen Brand- und Explosionsgefahren beim Abwerfen von Grubenbauen im Steinkohlenbergbau"
      vom 13. Oktober 2000 (..."Ein Unterbauen unbefahrbarer Bereiche, die nicht verfüllt sind, ist
      vor der Abdämmung unzulässig"..) hingewiesen.


      2. Vorgehensweise zur Erkennung und Vermeidung von Gefahren aus Über- oder
          Unterbauungssituationen

      Grundsätzlich ist bei der Beurteilung einer Über- oder Unterbauungskonstellation die Frage
      nach einer Gefährdung durch das Freiwerden von Grubengas zu klären. Dies erfordert eine
      Analyse der lagerstättenspezifischen Eigenschaften sowie der geometrischen Über- oder
      Unterbauungssituation unter Berücksichtigung der in der Einleitung dargestellten Zusammenhänge.
      Entweder kann danach eine Gefährdung gänzlich ausgeschlossen werden, oder es müssen
      planerische oder betriebliche Schritte zur Gefahrenabwehr ergriffen werden.

      So ist schon während der Planung erkennbar, ob sich eventuell Über- oder Unterbauungs-
      situationen von Grubenbauen durch zukünftig laufende Strebbetriebe ergeben. Für den Fall
      einer damit verbundenen Gefährdung durch Grubengas bietet eine entsprechende Zuschnitts-
      änderung in dieser frühen Phase die erste Möglichkeit der Gefahrenvermeidung.

      Des weiteren können im laufenden Grubenbetrieb durch zeitliche Verschiebungen im Abbau
      und / oder in der Aus- und Vorrichtung neue Über- oder Unterbauungssituationen entstehen.
      Durch ständige Beobachtung der Betriebe kann dies jedoch rechtzeitig erkannt und, falls
      Voraussetzungen für die Gefährdung durch Freiwerden von Grubengas vorliegen sollten,
      durch einhergehende zeitliche Koordination vermieden werden.

      Im Falle einer konkret eintretenden Über- oder Unterbauungskonstellation mit einer durch
      die Analyse festgestellten Gefährdung sind betriebliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in
      Anwendung zu bringen. Diese bestehen einerseits in der Verringerung der zu erwartenden
      Gaszuströme (z. B. Bohrprogramme zur Gasabsaugung), andererseits in wettertechnischen,
      messtechnischen und organisatorischen Möglichkeiten bis hin zum vorübergehenden
      Abdämmen eines betroffenen Grubenbaus.

      Im folgenden Flussdiagramm wird die Vorgehensweise zur Erkennung und Vermeidung von
      Gefahren aus Über- oder Unterbauungssituationen schematisch beschrieben. Aufgrund der
      von Fall zu Fall unterschiedlichen geologischen als auch gebirgsmechanischen Gegebenheiten
      sowie je nach Grad der festgestellten Gefährdung müssen die unter Abschnitt 3 ausführlich
      dargestellten Mittel zur Beherrschung der Ausgasung deshalb jeweils daraufhin abgestimmt
      werden. Sie sind je nach Erfordernis entweder einzeln oder in Kombination miteinander zur
      Anwendung zu bringen. Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr erkannter
      Gefahren sind betriebsplanmäßig unter Hinzuziehung einer anerkannten Fachstelle festzulegen.

      Bild
      Flussdiagramm-Originalgröße

      Flussdiagramm: Vorgehensweise bei einer Über- oder Unterbauungssituation


      3. Maßnahmen zur Gefahrenvermeidung aus Über- oder Unterbauungssituationen

      Die im Flussdiagramm genannten Einzelmaßnahmen zur Gefahrenabwehr werden nachfolgend
      genauer beschrieben und durch weitere Hinweise und Erklärungen ergänzt.

      3.1 Planerische Maßnahmen

      3.1.1 Zuschnittsplanung

      Diagrammweg A

      Eine Möglichkeit der Gefahrenvermeidung besteht darin, dass durch die Wahl des Abbauzuschnitts
      die geometrische Situation der Über- oder Unterbauung von Grubenbauen ausgeschlossen wird.

      3.1.2 Zeitliche Koordination

      Diagrammweg B:

      Durch zeitliche Koordination von Abbaubetrieben und Streckenvortrieben lassen sich Über- oder
      Unterbauungssituationen entzerren. Dieses ist sowohl durch Eingriff in die Abbauzeit- und
      Vortriebspläne als auch durch die Steuerung der Abbau- bzw. Streckenvortriebsgeschwindigkeit
      zu realisieren.

      3.2 Betriebliche Maßnahmen

      Für den konkreten Fall einer Über- oder Unterbauung gibt es eine Reihe von Möglichkeiten,
      den erwarteten Gefährdungen durch Gaszuströme in die betroffenen Grubenbaue entgegenzuwirken.

      Dies kann einerseits durch die Verringerung der erwarteten Gaszuströme und andererseits durch
      wettertechnische, messtechnisch überwachende und organisatorische Möglichkeiten geschehen.

      3.2.1 Verringerung der Gaszuströme beim Über- oder Unterbauen

      Diagrammweg C

      3.2.1.1 Verstärkung der Gasabsaugung im beeinflussenden Abbaubetrieb

      Um einen betroffenen Grubenbau vor den zu erwartenden Gaszuströmen zu schützen, kann dies
      durch eine entsprechende Anordnung von Gasbohrungen aus dem beeinflussenden Abbaubetrieb
      erfolgen (siehe Abbildungen 5 und 6: längere Bohrlöcher in die Nähe des betroffenen Grubenbaus).
      Die möglichen Ansatzpunkte sind hier jedoch in der Regel auf die Abbaustrecken im Bereich des
      Alten Mannes des laufenden Abbaubetriebs beschränkt und wirken somit nicht auf der
      Gesamtlänge der Über- oder Unterbauung im beeinflussten Grubenbau.

      3.2.1.2 Einrichtung einer Gasabsaugung im beeinflussten Grubenbau

      Grundsätzlich müssen die Gasannahmestellen im beeinflussten Grubenbau rechtzeitig an die
      Gasabsaugung angeschlossen werden. Im Folgenden werden die dazu erforderlichen Bohr-
      programme beschrieben.

      3.2.1.2.1 Gasbohrmaßnahmen in Gesteinsbergen und Querschlägen

      Gesteinsberge und Querschläge durchörtern Schichten und Flöze (siehe Abbildungen 1 und 3).
      Die Bohrlochansatzpunkte sollten im Bereich der Flözdurchtritte liegen. Länge und Anzahl
      der Löcher müssen im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Gegebenheiten festgelegt
      werden. Im Bereich der Flözdurchtritte sind durch Abdichtung des gesamten Streckenmantels
      Wetterkurzschlüsse zur Gasabsaugung zu vermeiden.

      3.2.1.2.2 Gasbohrmaßnahmen in Richt- und Flözstrecken

      Flöze im Liegenden und Hangenden, die unter Abbaueinfluss geraten und ihr Grubengas in
      Richt- und Flözstrecken abgeben können, müssen besaugt werden. Dazu bieten sich beispiels-
      weise fächerartige Bohrlochanordnungen aus den betroffenen Strecken an (siehe Abbildungen
      5, 6 und 7). Länge und Anzahl der Bohrlöcher sowie der Abstand der Fächer zueinander
      ergeben sich aus der ausgasungstechnischen Analyse.

      3.2.1.2.3 Zusätzliche flözgängige Bohrungen in Richt- und Flözstrecken

      Die sich im Auffahrungsprofil von Richt- und Flözstrecken befindlichen Flöze sind erforderlichenfalls
      zu besaugen. Dazu sind zusätzliche Gasbohrlöcher (ähnlich wie bei einer Vorentgasungsmaßnahme
      eines Bauflözes) in beiden Stößen der Strecken parallel zur Laufrichtung des Abbaubetriebs flöz-
      gängig herzustellen (siehe Abbildung 6). Dabei ist eine Länge von mindestens 100 m anzustreben,
      um eine möglichst frühe Wirkung der Vorentgasung des beeinflussten Bereiches zu erzielen. Die
      Abstände untereinander sollen 10 m bis 20 m betragen. Mit einem geringen angelegten Unterdruck
      wird das Gas bei der Annäherung und der anschließenden Entfernung des Abbaubetriebs abgesaugt
      (siehe Abbildung 8). Zur Gasannahme können auch bereits erstellte Tränklöcher genutzt werden,
      jedoch nur bevor sie mit Wasser beaufschlagt werden, da sonst eine Blockierung der Ausgasung
      die Folge wäre.

      3.2.1.2.4 Gasabsaugung von Störungsklüften

      Im Falle, dass Störungsklüfte gasführend sind, sind diese durch entsprechend angeordnete
      Bohrungen zu besaugen (siehe Abbildung 7). Dies gilt auch für solche, die den Grubenbau
      nicht unmittelbar schneiden, sich aber in der Nähe befinden.

      3.2.1.3 Änderung der Strebstellung zum beeinflussten Grubenbau

      Das Gefährdungsmoment durch das Auftreten hoher Methanmengen ist dann am größten,
      wenn Strebfront und Strecke parallel zu einander verlaufen. Dem Grubenbau mit seiner
      begrenzten Wettermenge kann so über eine Erstreckung der gesamten Länge des Strebes
      bei dessen Annäherung und anschließender Überbauungsphase in kurzer Zeit viel Gas zuströmen.
      Um eine nur punktuelle Einwirkung mit kleineren Gaszuströmen zu erreichen, ist ein möglichst
      großer Schnittwinkel durch Änderung der Strebstellung zum betroffenen Grubenbau anzustreben
      (siehe Abbildung 4).

      3.2.1.4 Reduzierung der Abbaugeschwindigkeit

      Die Verringerung der Abbaugeschwindigkeit führt ebenfalls zur zeitlichen Verlängerung der
      Beeinflussung und somit zur Reduktion hoher momentaner Gaszuströme in den gefährdeten
      Grubenbau. 

      3.2.2 Wettertechnische, messtechnisch überwachende und organisatorische Maßnahmen

      Diagrammweg D

      Sind vor und während einer Über- oder Unterbauung Gefahren, die sich aus der dem Wetterstrom
      zufließenden Ausgasung ergeben, nicht auszuschließen, ist diesen mit entsprechenden wetter-
      technischen, messtechnisch überwachenden und organisatorischen Maßnahmen zu begegnen.

      3.2.2.1 Erhöhung der Wettermenge im betroffenen Grubenbau

      Maßnahmen zur Erhöhung der Wettermenge im betroffenen Grubenbau sind vorzubereiten.
      Dies kann z.B. durch Einbau einer weiteren Sonderbewetterungsanlage geschehen. Bei
      durchgehender Bewetterung ist zu prüfen, ob durch Wetterumstellungen eine Verbesserung
      der Wetterversorgung herbeigeführt werden kann.

      3.2.2.2 Installation von zusätzlichen örtlichen Verwirbelungseinrichtungen

      In den gefährdeten Bereichen der beeinflussten Grubenbaue kann es zu örtlichen Methan-
      ansammlungen kommen, die durch zusätzliche Verwirbelungseinrichtungen, z. B. Wetterdüsen,
      beseitigt werden müssen. Eine Überwachung dieser Bereiche ist durch wiederholte
      CH4-Profilmessungen (mit geeigneten Handmessgeräten: Messbereich bis 100 %)
      vorzunehmen, um bei Veränderungen der Gaszutrittsstellen rechtzeitig entsprechende
      Vorkehrungen einleiten zu können.

      3.2.2.3 Methanüberwachung durch zusätzliche Methanmessgeräte

      Bei einer zu erwartenden Gefährdung durch Gaszuströme kann es erforderlich sein, den
      Wetterstrom durch zusätzliche stationäre Methanmesseinrichtungen zu überwachen
      (siehe Abbildungen 10 und11). Diese Messgeräte müssen mit Abschaltfunktion ausgestattet
      und so positioniert sein, dass die im nachfolgenden Wetterweg befindlichen elektrischen
      Anlagen und Betriebsmittel rechtzeitig selbsttätig abgeschaltet werden. Anzahl und
      Positionierung der einzelnen Messgeräte müssen der jeweiligen Situation angepasst werden.

      3.2.2.4 Festlegung von Warnwerten

      Es sind Warnwerte festzugelegen, um Gefahren rechtzeitig mit geeigneten Mitteln begegnen
      zu können.

      3.2.2.5 Vorbereitungsmaßnahmen zur Abdämmung mit Inertisierungsmöglichkeit

      Für den Fall einer sich wider Erwarten einstellenden dauerhaften Überschreitung zulässiger
      Grenzwerte ist die schnellstmögliche Abdämmung des Grubenbaus vorzubereiten. Dazu ist
      vorsorglich ebenfalls die Installation einer Inertisierungsleitung vorzusehen, die unverzögert
      in Betrieb genommen werden kann.

      3.2.3 Abdämmung und Gasabsaugung

      Diagrammweg E

      Durch die vorübergehende Abdämmung eines unter Abbaueinfluss geratenden Grubenbaus
      lässt sich ebenfalls eine Gefährdung vermeiden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der
      abgedämmte Grubenbau vor dem Eintreten der Einwirkung an die Gasabsaugung angeschlossen
      werden kann. Die Größe und Zusammensetzung der abgesaugten Grubengasmengen sind im
      Hinblick auf die spätere gefahrlose Wiederöffnung des Grubenbaus messtechnisch zu ermitteln.

      4. Fallbeispiele mit Maßnahmenbeschreibung

      Im Folgenden sollen anhand einiger Beispiele Möglichkeiten zur Beherrschung der Ausgasung
      dargestellt werden.

      4.1 Überbauen einer Richtstrecke mit einen Strebbetrieb

      Bild
      Abbildung 4

      Abbildung 4: Überbauen einer Richtstrecke mit einem Strebbetrieb

      Abbildung 4 zeigt schematisch eine Überbauung einer Richtstrecke. Durch die Schrägstellung
      des Strebes zur Strecke kommt diese nur schrittweise unter Abbaueinfluss.

      Bild
      Abbildung 5

      Abbildung 5: Gasbohrmaßnahmen beim Überbauen einer Richtstrecke mit einem Strebbetrieb

      In Abbildung 5 sind beispielhaft die Bohr- und Absaugmaßnahmen aus der betroffenen Richtstrecke
      heraus in die nächsten Begleitflöze dargestellt. In diesem Fall ist das von der Strecke direkt im Profil
      aufgeschlossene Begleitflöz so geringmächtig, dass flözgängige Bohrungen zur Gasabsaugung nicht
      durchführbar sind. Weiterhin sind aus dem Abbaubetrieb heraus lange Gasbohrlöcher in das obere
      Begleitflöz über der Strecke angedeutet, die jedoch nur in Teilbereichen der Überbauung wirksam
      sind. (Anmerkung: Die Anzahl der Bohrungen ist nur beispielhaft und ist im Einzelfall dem Umfang
      der Erfordernisse anzupassen). 


      4.2 Überbauen einer Flözstrecke mit einen Strebbetrieb

      Bild
      Abbildung 6

      Abbildung 6: Gasbohrungen beim Überbauen einer Flözstrecke

      Bild
      Abbildung 7
       

      Abbildung 7: Gasbohrungen beim Überbauen einer Flözstrecke in der Nähe einer
                            gasführenden Störungskluft

      Abbildung 6 zeigt ein Gasbohrschema für das Überbauen einer Flözstrecke. Neben den
      Gasbohrlöchern aus dem Abbau heraus und den Fächern ins Liegende und Hangende sind
      flözgängige Bohrungen in beiden Stößen angeordnet, um Gas aus dem direkt aufgeschlossenen
      Flöz aufzunehmen. In Abbildung 7 ist beispielhaft ein Bohrschema dargestellt, wenn eine
      gasführende Störungskluft vorhanden ist.

      4.3 Flözgängige Bohrungen

      Bild
      Abbildung 8

      Abbildung 8: Flözgängige Bohrungen zur Gasannahme bei einer Überbauung

      Abbildung 8 zeigt eine flözgängige Bohrlochanordnung zu beiden Seiten einer Abbau-
      begleitstrecke. Der Strebbetrieb in Flöz C überfährt die Wettereinziehstrecke des 60 m
      darunter liegenden Abbaubetriebs in Flöz Zollverein 2. Im Bereich der Überbauung wurden
      aus der Einziehstrecke in Flöz Zollverein 2 flözgängige Gasbohrlöcher erstellt, um das aus
      dem Flöz Zollverein 2 freiwerdende Grubengas während der Überbauung annehmen zu können.

      Die Abstände und Längen der Langlöcher sind nur schematisch angedeutet. Eine genauere
      Beschreibung ist im Abschnitt 3.2.1.2 enthalten.

      In einem konkreten Fall konnten mit Hilfe eines solchen Bohrprogramms bei einer Annäherung
      eines Strebbetriebes an den betroffenen Grubenbau bis zu 60 % des zusätzlichen maximalen
      Gaszustromes durch die Gasabsaugung erfasst werden.


      4.4 Unterbauen eines abgedämmten Grubenbaus

      Bild
      Abbildung 9

      Abbildung 9: Schematisches Beispiel für das Unterbauen eines abgedämmten Grubenbaus

      Auch abgedämmte Grubenbaue sollen bei einer Unterbauung einer kritischen Beurteilung
      unterworfen werden. Selbst weiter entfernt liegende Dämme können ggf. eine Gefährdung
      darstellen. Erforderlichenfalls sollten Abdichtungen der Dämme sowie deren Anschluss an
      die Gasabsaugung durchgeführt und messtechnische Überwachung installiert werden. Ein
      Beispiel dazu ist in Abbildung 9 dargestellt.

      4.5 Messtechnische Überwachung beeinflusster Bereiche bei Über- und Unterbauung

      Bild
      Abbildung 10

      Abbildung 10: Unterbauen einer sonderbewetterten Strecke mit messtechnischer Überwachung

      Bild
      Abbildung 11

      Abbildung 11: Überbauen einer sonderbewetterten Strecke mit messtechnischer Überwachung

      In den Abbildungen 10 und 11 sind schematisch in den beeinflussten Grubenbauen die Bereiche
      dargestellt, die verstärkt auf CH4 -Zuströme zu überwachen sind. Wie in Abschnitten 3.2.2.2 und
      3.2.2.3 beschrieben, sollen sie einer besonderen Beobachtung (Profilmessungen und ggf. zusätzliche
      Verwirbelungseinrichtungen) unterzogen und, wenn erforderlich, durch ein zusätzliches Methan-
      messgerät mit Abschaltfunktion abgesichert werden.

      5. Sonderfälle  

      5.1 Auffahren einer flözgeführten Strecke im Beeinflussungsbereich eines laufenden
            Abbaubetriebes

      Bild
      Abbildung 12

      Abbildung 12: Auffahren einer flözgeführten Strecke im Beeinflussungsbereich eines laufenden
                              Abbaubetriebes

      In Abbildung 12 wird ein Streckenvortrieb in Flöz Wilhelm dargestellt, der sich mit 60 m Abstand
      zur Strebfront in Flöz Präsident/Helene im entlasteten Versatzraum befindet. Dies führte zu nicht
      erwarteten Gaszuströmen in die sonderbewetterte Strecke. Da diese aus betrieblichen Gründen
      so schnell wie möglich aufgefahren werden musste, konnte der Vortrieb nur im Schutze einer
      Gasabsaugung mit aufwendigen Bohrarbeiten durchgeführt werden. Die Bohrungen erfolgten in
      fächerförmiger Anordnung in die Ortsbrust als auch in regelmäßigen Abständen in die Streckenfirste
      und -sohle in das jeweils nächstliegende Begleitflöz.

      5.2 Annäherung eines Strebs an einen Flözstreckenvortrieb mit Gasausbruch

      Bild
      Abbildung 13

      Abbildung 13: Abbau in Flöz 59 und Streckenvortrieb in Flöz 69 fahren aufeinander zu

      Zwar hat in diesem Beispiel in Abbildung 13 keine Überbauung stattgefunden, dennoch sind
      bei der dargestellten Lage der Strecke in Flöz 69 und des Strebes in Flöz 59 1.450 m3 Grubengas
      plötzlich durch einen Gas-/Kohlenausbruch freigeworden und 25 t Kohle ausgeworfen worden.
      Bei einer Annäherung beider Betriebe von 20 m kam es im Vortrieb der Strecke zu einem
      Gasausbruch, der durch die dem Abbau vorauseilende Spannungszone ausgelöst wurde.